Meilensteine im Alltag
Am Anfang war wohl der Blitz. Dabei war ja nun keiner von uns. Mit der Entdeckung von Elektrizität und die Weiterentwicklung ihres künstlichen Zwillings durch Forscher wie Siemens, Tesla und Edison waren der Beginn einer weiteren industriellen Revolution. Zunächst lag der Fokus auf der Energiegewinnung und -verteilung. Es folgten die Automatisierung von Produktionsprozessen, Robotics und letztendlich die Digitalisierung des gesamten Lebensumfeldes. Elektronische Komponenten mit moderner Informationstechnologie sind heute kaum aus einem Produkt wegzudenken.
Dabei bot der Fachbereich zunächst nur reine Elektrotechnik-Studiengänge an. Einhergehend mit der zunehmenden Miniaturisierung der Hardware wurde folgerichtig die Informatik gestärkt. Erst im Zusammenspiel von Hard- und Software wird ein fertiges Produkt mit intelligenten Funktionen ermöglicht. Während die elektromotorischen und elektronischen Komponenten meist sichtbar sind, ist das bei der Software anders. Dabei steckt hinter der Informatik noch viel mehr als Programmiertechniken: Es ist die konkrete Umsetzung der tief verankerten Theorien wie Kryptographie, künstliche Intelligenz oder Big Data. So wird nicht nur heute, sondern auch in Zukunft die Bedeutung von Elektrotechnik und Software Hand in Hand gehen.
ALLGEGENWÄRTIG
Nicht mehr wegzudenken: „Ohne Elektrizität und Informatik gäbe es kein Farbfernsehen, keine hoch automatisierten industriellen Produktionsanlagen und kein Internet. Die technologische Entwicklung hat in den vergangenen Jahrzehnten rasant Fahrt aufgenommen – kaum noch jemand erinnert sich an Telefone mit Wählscheiben. Mit dem Aufkommen von Personal Computern ging auch der Siegeszug der Informatik einher. Methoden wie künstliche Intelligenz, die bereits in den 1950ern entwickelt wurde, halten über die Möglichkeiten der modernen Rechner- und Informationstechnik unbemerkt Einzug in unser tägliches Leben. All das ist heute etabliert und gehört zum Wohlgefühl unserer Tage und ist gleichzeitig das Standbein der Wettbewerbsfähigkeit unserer Industrie.“
WEITSICHT
Teil des Ganzen: „Die Themen der Zeit bringen immer die besten Köpfe zusammen. So war es im Bereich Mobilität, so ist es während der Revolution der digitalen Welt und beim Thema Nachhaltigkeit. Unser Fachbereich ist dabei aber immer nur ein Teil des Ganzen. Wir versuchen, durch internationale Erfahrungen und Kontakte den Blick auf das gesamte Geschehen richtig einzuschätzen und die Wissenschaft in diesem Sinne weiterzuentwickeln. Dabei sind Automatisierung und Digitalisierung intrinsisch unser Kerngeschäft. Bereits 2012 hat unser Fachbereich eine eigene Professur für E-Learning geschaffen. Diese Weitsicht ist allerdings nur mit einem engagierten Kollegium möglich, das am Puls der Zeit ist und die Anforderungen der Region und den globalen Markt kennt.“
INNOVATION
Mehr als Stereotype: „Ingenieurinnen und Ingenieure sind Technokraten – so die weit verbreitete Meinung. Für unsere Absolventinnen und Absolventen gehören neben einer sattelfesten Fachkompetenz nahezu gleichwertig immer auch Team- und Kommunikationsfähigkeit und das Bewusstsein für Nachhaltigkeit. So entwickelt unser Fachbereich seit 1999 elektrische Fahrzeuge und tritt seit mehr als zwei Jahrzehnten in internationalen Nachhaltigkeits-Wettbewerben an. Aber wir sind mehr. Wir zeigen Innovationskompetenz und Bereitschaft zum gesellschaftlichen Diskurs. In unserem Fachbereich wurde deutschlandweit die erste Professur für Elektromobilität berufen. In unserem Fachbereich entstand auch die Idee der Studienschwerpunkte der Mechatronik und Nachhaltigkeit an der BO. Zusätzlich lebt unser Fachbereich die familiengerechte Hochschule. Fachbereich heißt bei all dem für uns immer: Kollegium, Mitarbeitende und Studierende. Wir ziehen alle an einem Strang – und zwar auf derselben Seite.“
SPASS
Ideen werden Wirklichkeit: „Einige Zukunftsvisionen der 1960er sind inzwischen real wie das Mobiltelefon. Auf das Beamen warte ich allerdings noch, um nachhaltig, ohne Carbon-Footprint, Entfernungen zu überwinden. Als Wissenschaftlerin oder Wissenschaftler muss man immer Visionen haben. Und Spaß. Denn er ist in der Wissenschaft intrinsisch. Nur Spaß und Leidenschaft am Thema bringen neue Ideen und Innovation hevor – sowohl bei den Studierenden als auch bei den Lehrenden. Und all das hat unser Fachbereich. Ein Wunsch wäre, dass in zehn Jahren die fachbereichsübergreifenden Studiengänge, nach dem Beispiel der Mechatronik und der Nachhaltigkeit, Themen stärker interdisziplinär bearbeiten und lehren. Neben der Lehre gehört inzwischen die Forschung zu unseren Dienstaufgaben. Für diesen Bereich sind die damals konzipierten Fachhochschul-Flächen nicht ausgelegt. Hier brauchen wir dringend Unterstützung. Denn angewandte Forschung funktioniert nicht per Videokonferenz oder im Homeoffice. In diesem Sinne: Weiter. Besser! BO.“
Standort entscheidet
OPA_TAD, 2017, Prof. Dr. Henrik Blunck
Ob Routenplaner oder Verkehrsvorhersage – viele Anwendungen greifen auf Bewegungsdaten zurück. Dabei sind jene Dienste im Vorteil, die besonders viele Daten erheben. Dazu zählen meist Global Player wie Google oder Apple, die diese Daten oft nicht für die Allgemeinheit zugänglich und nutzbar machen.
OPA_TAD will dieses Vorgehen demokratisieren und gleichzeitig die Privatsphäre der Verkehrsteilnehmenden schützen. Das Projekt sammelt verschiedene Bewegungsdaten unter anderem über die eigens entwickelte data gathering-App. Mit ihr können Nutzerinnen und Nutzer ihre Positionsdaten übermitteln – alles durch mathematisch sichere Kryptografie und persönliche Freigabemöglichkeiten geschützt. Die App erkennt, mit welchem Verkehrsmittel man unterwegs ist und noch viel mehr: Auf Grundlage der Bewegungsmuster wird der Bedarf für neue Fahrradwege sichtbar, Erschütterungsdaten liefern Aufschluss darüber, welche Straßen neu asphaltiert werden müssten oder die Bremsstärke verrät, wie gefährlich eine Kurve ist. All diese Daten werden über die Online-Plattform anonymisiert zur Verfügung gestellt und können von den Platzhirschen der Routenplanung genutzt, aber auch von Straßenbauämtern oder Logistikunternehmen zusätzlich genutzt werden. Damit lieferte das Projekt unter anderem die Basis für eine der ersten intern finanzierten Promotionsstellen im Fachbereich der Elektrotechnik und Informatik an der Hochschule Bochum.
Selbstständigkeit lehren
Problem Based Learning, 1999, Prof. Dr.-Ing. Friedbert Pautzke
Ein Problem identifizieren, sich das Wissen aneignen, um es anschließend selbst zu lösen – diese Stufen durchlaufen Studierende im Problem Based Learning, kurz PBL. Das erklärte Ziel dieser Lehrmethode ist, die Studierenden ins Zentrum zu stellen: Sie übernehmen Verantwortung bei der Problemlösung, arbeiten in Kleingruppen und organisieren eigenständig den Wissenserwerb.
Ein Problem identifizieren, sich das Wissen aneignen, um es anschließend selbst zu lösen – diese Stufen durchlaufen Studierende im Problem Based Learning, kurz PBL. Das erklärte Ziel dieser Lehrmethode ist, die Studierenden ins Zentrum zu stellen: Sie übernehmen Verantwortung bei der Problemlösung, arbeiten in Kleingruppen und organisieren eigenständig den Wissenserwerb. Das Lernumfeld bleibt dabei dynamisch und fordert Schlüsselqualifikationen wie Sach-, Personal-,Medien- und Sozialkompetenzen. 1999 war der Fachbereich Elektrotechnik und Informatik der erste an der Hochschule, der dieses Konzept in der Lehre etablierte und im Projekt „SolarCar“ sogar interdisziplinär umsetzte. Die Selbstständigkeit, die die Studierenden in diesen problembasierten Projekten erwerben, mündet nicht selten in die Gründung von Start-ups im Bereich der Elektromobilität: Allein aus dem studentischen Projektteam des SolarCar entstanden sieben Firmen – darunter Europas größtes Entwicklungs- und Testzentrum für Leistungselektronik und Energiespeicher.
Nachhaltige Mobilitätskonzepte
BObby Sharing, 2018, Prof. Dr.-Ing. Semih Severengiz
Sharing-Dienste mit kleinen, leichten Elektrofahrzeugen können einen Beitrag zu weniger Lärm, Staus und Luftschadstoffen im urbanen Raum leisten und gleichzeitig zur Dekarbonisierung des Stadtverkehrs beitragen. Allerdings nur, wenn sie effizient, nutzerfreundlich und nachhaltig gestaltet sind.
Ob das der Fall ist, untersucht das Studierendenprojekt BObby Sharing. Es analysiert die Ökobilanz von Sharing-Systemen, deren Auswirkung auf den Stadtverkehr und sucht selbst nach neuen, smarten und wirtschaftlichen Lösungen. Im sogenannten Reallabor etablieren die Studierenden einen Sharing-Dienst für sechs E-Scooter, sowie zwei Batteriewechselstationen und eine Solarladestation in Bochum. Hier können die Akkus der E-Scooter getauscht und geladen werden. So werden innovative Techniken praxisnah erprobt und gleichzeitig die Nutzerakzeptanz analysiert.
Interdisziplinäre Zusammenarbeit
Historische Meilensteine, 1971-2021, Fachbereich Elektrotechnik und Informatik
Die Ziele des Fachbereiches waren seit jeher von interdisziplinärer Zusammenarbeit geprägt: Was 1993 mit dem deutschlandweit neu eingeführten Studiengang Mechatronik begann, wird heute im Bereich der Nachhaltigkeit mit allen Fachbereichen der BO fortgeführt. Auch für externe Anbieter akademischer Bildung wurde unser Studienangebot zunehmend interessant: 2004 und 2005 startete der Aufbau einer Zusammenarbeit mit der FOM in Essen und der Wilhelm Büchner Hochschule in Darmstadt. 2009 fanden Interdisziplinarität und die Nähe zu Unternehmen eine neue Heimat. Federführend von Prof Dr.-Ing. Jörg Wollert wurde die Gründung des Standortes Velbert/Heiligenhaus mit Standort in Heiligenhaus vorangetrieben. Die fachübergreifende und kooperative Lehre und Forschung brachten viele starke Persönlichkeiten hervor. Sie stehen heute entweder als Professorin oder Professor vor den Studierenden der Hochschule Bochum, sind im Präsidium der Hochschule, dem Hochschulrat engagiert, leiten das Promotionskolleg NRW oder stehen an der Spitze von innovativen und regionalen Unternehmen wie der Philipps GmbH & Co. KG, VoltaVision, Auktora, Innolectric, Semasquare oder Antric.“