Eigentlich ein sogenannter „Unort“, der überdachte Bereich unterhalb der Magistrale, direkt unter dem Haupteingang. Hier befindet sich neben intern genutzter Logistikflächen der Hochschule Bochum eine Ansammlung an Messpunkten. Die gibt es natürlich nicht nur hier im Untergrund, sondern auch auf dem gesamten Campus und auf vielen Dächern. Sie dienen im Fachbereich Geodäsie dazu, neuartige Messinstrumente zu überprüfen und zu kalibrieren. Neben der Grundlagenvermittlung im Vermessungswesen, bei der kaum noch analoge Messinstrumente zum Einsatz kommen, werden die Auswertungsmöglichkeiten immer digitaler, wird der Bereich Geoinformatik immer wichtiger. So nehmen mit Kameras ausgestattete Drohnen hoch aufgelöste Fotos eines Gebäudes oder einer Geländeoberfläche auf, um daraus äußerst präzise 3D-Modelle abzuleiten.
Prof. Dr. rer. nat. Ansgar Greiwe
Realschulabschluss, Ausbildung zum Vermessungstechniker, Fachabitur, Studium des Vermessungswesens an der Hochschule Bochum (Vertiefung Photogrammetrie bei Prof. Dr. Heimes), erste Berufserfahrung (Carl Zeiss Jena), Aufbaustudium zur Erlangung der Promotionszulassung und Promotion an der Universität Osnabrück, Führungspositionen in der freien Wirtschaft, Professur in Frankfurt a.M. für Photogrammetrie und Fernerkundung, seit 2018 Professur in Bochum für optische 3D Messtechnik.
„Für mich war das Machen immer viel wichtiger als das theoretische Durcharbeiten!“
Zitat Prof. Dr. Ansgar Greiwe; Bild: Dachterrasse auf dem A-Gebäude als Abflugstelle für Copter-Messflüge
„Mein Lebensweg wurde geprägt durch viele unterschiedliche Personen, die mich für mein Fachgebiet begeisterten und meinen Werdegang förderten. Damals war ich ein mittelmäßiger Realschüler, eher mit der Tendenz zur Faulheit. Doch mein Interesse für Geometrie und Mathematik prägte meinen beruflichen Lebensweg von Anfang an. Mit jedem Abschluss, jeder neuen Herausforderung stieg sozusagen meine Lernkurve. Der Zuspruch meiner Professoren half sehr, den Weg zur Promotion einzuschlagen, auch wenn das 1998 als FH-Absolvent noch nicht üblich war. Ein Schlüsselmoment war ein Gespräch mit Prof. Dr. Heimes, der meine Begeisterung für die Photogrammetrie weckte und mir zur Promotion anstatt einer Stelle in der Mobilfunkplanung riet: ‚Zum Funk können Sie immer noch, Sie promovieren. Und dann werden Sie mein Nachfolger!‘. Es klingt vielleicht verrückt und gleichzeitig pathetisch, aber er hat uns Studierende mit seinen Projekten begeistert: Er beantragte die Zulassung seines selbstgebauten Flugzeugs mit einem Loch im Rumpf für eine Kameraaufhängung beim Luftfahrtbundesamt. Solche Geschichten bleiben einem in Erinnerung und inspirieren. 2009 erschloss ich mir mit Fördergeldern das Gebiet der Aerophotogrammetrie mit Drohnen. Was damals von Kollegen als Spielerei bezeichnet und belächelt wurde, wurde zu meinem Thema – und hat mich nach 25 Jahren tatsächlich zum Nachfolger werden lassen. Heute bin ich Experte auf diesem Gebiet und habe Naturschutzgebiete, Zechengelände und Radioteleskope eingemessen und hoffe, durch diese Projekte auch meine Studierenden für die Photogrammetrie zu begeistern.
Für mich war das “Machen“ immer viel wichtiger als das theoretische Durcharbeiten. Nur in der Praxis macht man Fehler, aus denen man lernen kann – und von denen schließlich auch meine Studierenden profitieren. Die lachen immer schon, wenn ich ein Seminar mit den Worten ‚Ich habe immer gedacht, dass….‘ beginne. Dann wissen sie, dass ein Projekt kommt, das erst durch das Scheitern erfolgreich wurde. Ich halte es für unumgänglich, dass die Studierenden genau wissen, wie die Theorie in der Praxis umgesetzt wird. Sie müssen die Thematik durchdringen, ein Gefühl für die Vielschichtigkeit bekommen, und sich mit allen Aspekten einer Messaufgabe auseinandersetzen. Dann lernen sie, dann begreifen sie und dann können sie auch erfolgreich ‚machen‘. Meine berufliche Tätigkeit ist meine Leidenschaft. Sie ist neben Berufung auch Hobby, neben der Freude am selbst-Lernen auch die Freude zu Lehren, sie ist Forschen und Machen zugleich.“
Oben: Behind-the-scenes während des Shootings im November 2020; Headerbild: Prof. Dr. Ansgar Greiwe mit Copter-Sammlung an der Messpunkt-Wand unter dem Haupteingang der Hochschule.
Fotos: Klaus J. A. Mellenthin